Arbeiten unter miserablen Bedingungen?
Das Lohngefälle zwischen Deutschland und den Rekrutierungsländern wird dazu genutzt, mobil Beschäftigte auszubeuten. Die Besonderheiten der kurzzeitigen Beschäftigung führen zu Sonderregelungen, die meist die Arbeitnehmer*innen benachteiligen. Die Unterkünfte für Saisonarbeiter*innen erfüllen oft nicht einmal die Mindeststandards. Auch wenn für Saisonarbeiter*innen offiziell der Mindestlohn gilt, lassen sich in der Praxis häufig Lohnabzüge über Akkordlöhne oder unverhältnismäßig hohe Einmalzahlungen für Unterkunft, Schutzkleidung, etc. beobachten.

Masken und Schatten - Gesundheit darf kein Luxus sein
Auch 2022 setzt sich dieser Trend fort. Wichtige Schutzmaßnahmen wurden auf vielen Feldern weiterhin nicht umgesetzt: Es fehlen Schattenplätze zum Abkühlen und weder Trinkwasser noch Schutzmittel wie Sonnencreme und Kopfbedeckung stehen in ausreichender Menge zur Verfügung. Die Initiative Faire Landarbeit geht davon aus, dass die Bezahlung nach Akkord Beschäftigte unter Druck setzt und diese somit auf gesundheitlich relevante Pausen in den heißen Phasen des Tages während des Hochsommers „freiwillig“ verzichten. (Text basierend auf dem Jahresbericht 2021 und 2022 der Initiative Faire Landarbeit)
Entwicklungen im Jahr 2022
Zwei politische Entwicklungen die für die Arbeits- und Lebensbedingungen von Saisonbeschäftigten von besonderer Bedeutung sind:
Die Erhöhung auf 12 Euro pro Stunde im Oktober 2022 wird allerdings erst in der Erntesaison 2023 spürbar werden. Zeitgleich entschied die Bundesregierung, anders als geplant, keine digitale Arbeitszeiterfassung unter anderem für kurzfristig Beschäftigte einzuführen, die zur Überprüfung der Einhaltung der Zahlung des Mindestlohns notwendig ist.
2) Meldepflicht zur Krankenversicherung
Diese trat im Januar 2022 in Kraft. Ebenfalls eine Verbesserung stellt das Gesetz über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen dar, das im August 2022 in Kraft trat.
Umgehung des Mindestlohns
Die Erhöhung des Mindestlohns hat die Situation zwar auch in der Saisonarbeit leicht verbessert, doch auch 2022 hält der Trend an, den Lohn durch fadenscheinige (und teilweise illegale) Vorgehensweisen zu drücken. Nicht ausgezahlte Überstunden, Vermittlungskosten für Schlafplätze und Wuchermieten sind weiterhin ein beliebtes Mittel, Abzüge vom Gehalt der Arbeiter*innen zu rechtfertigen.
Meldepflicht zur Krankenversicherung
Absatzeinbrüche bei Spargel und Erdbeeren werden auf Arbeiter*innen abgewälzt.
Fehlende Kontrollen werden ausgenutzt
Quellen
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Kathrin Birner/Stefan Dietl
Plakat-Zitat aus: Die modernen Wanderarbeiter*innen. Arbeitsmigrant*innen im Kampf um ihre Rechte, Unrast Verlag, Münster 2021. -
Statistisches Bundesamt
Statistisches Bundesamt (2022), Mindestlöhne in der EU… (Pressemitteilung) -
Statista GmbH
Statista GmbH (2022): Gesetzliche Mindestlöhne pro Stunde in Ländern der Europäischen Union -
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) (2022): Saisonarbeit – die Regeln für kurzfristige Beschäftigungen -
Arbeitsrechte.de
Arbeitsrechte.de, VFR Verlag für Rechtsjournalismus GmbH (2022): Saisonarbeiter in der Landwirtschaft: Welche Vorschriften gelten? -
Informationen der R+V Versicherung
R+V Versicherung (2022): Erntehelfer einstellen: Das müssen Arbeitgeber beachten
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